Gedenkfeier - Jacobson-Gymnasium Seesen

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Artikel zum Gedenken an die Reichspogromnacht am JGS
 
Ein „normales“ Gedenken an die Reichspogromnacht 1938 kann es grundsätzlich nicht geben. Zu groß ist das Ausmaß menschlichen Leids, welches damit in Verbindung steht, als das sich dabei etwas „Routinemäßiges“ entwickeln könnte und dürfte. Demnach ist jede Gedenkfeier für sich genommen etwas Einzigartiges. Doch die diesjährige Gedenkfeier des Jacobson-Gymnasiums unterschied sich in ganz besonderer Weise von den vorangegangenen. „Unsere heutige Feier findet statt unter dem Eindruck des terroristischen Überfalls der Hamas auf Israel“, sagte Schulleiter Stefan Bungert in seiner Anmoderation. Er machte darin deutlich, warum wir uns für die jüdischen Menschen und den Staat Israel verantwortlich fühlen sollten und betonte zugleich, dass die Schulgemeinde der unschuldigen Opfer der blutigen Auseinandersetzung im Nahen Osten auf beiden Seiten in gleicher Weise gedenken sollte. „Auch in der jetzigen Auseinandersetzung kann eine Lösung im Letzten nur in dem bestehen, was der Geist unserer Schule als Ideal ansieht: in gegenseitiger Achtung, Respekt und Toleranz friedlich miteinander umzugehen.“ Mit diesen Worten übergab der Schulleiter des JGS an die Religionskursen des 10. Jahrgangs. Diese haben unter der Leitung der Lehrkräfte Johannes Leuschner und Yannick Gleichfeld die diesjährige Gedenkfeier gestaltet. Nach einer musikalischen Einstimmung am Klavier durch Jannik Sammler wurden der Schulgemeinde die Geschehnisse und die Folgen der Reichspogromnacht am 9. November 1938 erläutert. Detailliert gingen die Kursteilnehmer auf die Schicksale von Siegfried Nussbaum und Julius Stern ein, die beide Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurden. Mit einer Fürbitte und einer Schweigeminute wurde diesen beiden sowie den Millionen anderen Opfern gedacht. Musikalisch untermalt wurde dieses Gedenken anschließend durch Florentine Mai und Max Holzenleuchter mit ihrer Interpretation des Liedes „The Sound of Silence“. Nach der zentralen Gedenkfeier im Pädagogischen Zentrum des JGS ging Herr Bungert mit den Kursteilnehmern und allen Klassensprechern zum Gedenkstein auf dem Gelände des Schulzentrums, um dort einen Kranz niederzulegen und die Inschrift zu verlesen.
Bereits am Tag zuvor fand in der Aula des Schulzentrums eine Veranstaltung statt, welche die schrecklichen Ereignisse des Holocausts aus einer anderen Perspektive thematisierte. Harald Schandry und Bernd Surholt von den Hannoverschen Kammerspielen führten eine szenische Lesung mit dem Titel „Arzt hättˋ ich nicht werden dürfen - das Eichmann-Protokoll“ auf. Diese bestand zum Hauptteil aus Auszüge aus den Verhörprotokollen des Prozesses gegen Adolf Eichmann, welche durch weitere zeitgeschichtliche Dokumente ergänzt wurden. Adolf Eichmann war die zentrale Figur bei der Organisation der Judenvernichtung, er wurde 1960 nach Israel entführt und dort zwei Jahre später hingerichtet. In dem Stück erlebt man ihn als einenSchreibtischtäter, der jegliche Verantwortung von sich weist, und als Prototyp der Untertanenmentalität des Dritten Reichs angesehen werden kann. Bereits seit 17 Jahren sind Schandry und Surholt mit diesem Stück an Schulen zu Gast, weil ihnen die Aufklärung über die Verbrechen der Nazis ein persönliches Anliegen sind. Das war für die Schüler des 10. Jahrgangs sowie die Schüler der Geschichtskurse des 13. Jahrgangs spürbar. Nach der eindrucksvollen Lesung zeigten sie mit ihren Fragen, dass dieses Thema und vor allem dessen Darstellung sie bewegt hat. Die Inszenierung und das Gespräch darüber verdeutlichten für die Schüler die historischen Zusammenhänge und sensibilisierten sie anders dafür, als es im normalen Unterricht möglich ist,  kritisch gegenüber Personen und Parteien zu sein, die versuchen, die grausamen Geschehnisse des Holocausts zu relativieren oder gar zu leugnen.
Fotos: König               Text: Kürbitz

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